Aus Betroffenen werden Peers
Aus der Wiener Wohnungslosenhilfe sind ausgebildete Peers (engl. für Ebenbürtige, Gleichgestellte) als wertvolle Mitarbeiter:innen nicht mehr wegzudenken. So auch bei Obdach Wien, Tochterunternehmen des Fonds Soziales Wien (FSW).
An Laki Nadjs Arbeitstagen ist für Abwechslung stets gesorgt. Ob er Bewohner:innen des Chancenhauses Obdach Wurlitzergasse zu Ärzt:innen oder Ämtern begleitet, Entlastungsgespräche führt oder kleinere Konflikte im Haus löst – „Unerwartetes ist immer dabei“, schmunzelt der Peer-Mitarbeiter, der das Team des Hauses seit 2020 verstärkt. Was sich im Haus tut oder wo es welche Unterstützung braucht, weiß er stets genau.
Weil Laki Nadj selbst in Folge einer Suchterkrankung eine Zeit lang obdachlos und auf Unterstützung angewiesen war, findet er auch in schwierigen Situationen Zugang zu den Menschen, die im Obdach Wurlitzergasse an neuen Perspektiven arbeiten: „Am meisten Freude macht es mir, wenn ich Neuzugängen im Chancenhaus die Schwellenangst nehmen kann, indem ich ihnen meine eigene Geschichte erzähle.“ Ihn selbst, sagt Laki Nadj, habe die Peer-Ausbildung und -Tätigkeit im Obdach Wurlitzergasse mit seiner Vergangenheit versöhnt. „Jetzt ermöglicht sie mir, anderen weiterzuhelfen“.
28
Peer-Mitarbeiter:innen
arbeiteten 2021 in Einrichtungen der Wiener Wohnungslosenhilfe, 6 davon bei Obdach Wien.
FSW fördert Peer-Mitarbeit
Laki Nadj ist einer von 28 ehemals obdach- oder wohnungslosen Menschen, die mit Ende 2021 als Peer-Mitarbeiter:innen in der Wiener Wohnungslosenhilfe tätig waren.
„Peer-Unterstützung ist ein wichtiger Baustein der Strategie ‚Wiener Wohnungslosenhilfe 2022‘, um unsere Angebote fachlich und partizipativ weiterzuentwickeln. Wir möchten damit die direkte Teilhabe der (ehemals) betroffenen Menschen stärken.“
Bereits 2019 haben der FSW und das neunerhaus gemeinsam den Lehrgang „Peers in der Wohnungslosenhilfe“ entwickelt, der Fachwissen vermittelt und Selbstreflexion fördert. 2021 startete bereits der vierte Lehrgang. Um Peer-Mitarbeit in den Einrichtungen zu verankern, trägt der FSW die Lohnkosten bei einer Anstellung von Absolvent:innen – zusätzlich zum Regelpersonal. So konnten mittels Projektförderung Peer-Stellen bei insgesamt sieben Kooperationspartner:innen geschaffen werden, z. B. in Wohneinrichtungen, in der Mobilen Betreuung oder der Gesundheitsförderung. „Die Rückmeldungen der Partnerorganisationen sind überwiegend positiv, Peer-Mitarbeiter:innen als neue Berufsgruppe in der Wiener Wohnungslosenhilfe etablieren sich immer mehr“, freut sich Martina Plohovits.
Strategie „Wiener Wohnungslosenhilfe 2022“ weiter umgesetzt
Neben dem Ausbau der Peer-Mitarbeit setzte der FSW 2021 viele weitere wichtige Schritte, um die strategische Neuausrichtung der Wiener Wohnungslosenhilfe voranzutreiben. So wurden die Rahmenkonzepte für die vier Leistungen der Wiener Wohnungslosenhilfe – Chancenhäuser, Stationär betreutes Wohnen, Mobil betreutes Wohnen und Soziales Wohnungsmanagement – fertiggestellt und veröffentlicht. Sie bilden die Grundlage für die Anerkennung und Förderung von Einrichtungen durch den FSW. Plätze mit mobiler Betreuung, die ganz im Fokus der Strategie steht, wurden um 16 % ausgebaut. Darüber hinaus hat der FSW die Chancenhäuser zur Akutunterbringung obdachloser Menschen in Zusammenarbeit mit der FH Campus Wien einer qualitativen Evaluierung unterzogen. Sie ist Basis für die künftige Weiterentwicklung des Angebots.